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Original Zeitungsausschnitt
Mainzer Rheinzeitung - Ausgabe Nr. 303 Donnerstag, den 31.12.2009 Seite 27

Raffinierte Geschichte um Schillers Schädel

Der Wahl - Mainzer Thomas Persdorf hat einen Roman geschrieben: "Caroline und der 53. Gast" - Eine Handlungsebene spielt in ehemaliger DDR

Welche Rolle spielte Goethe bei der Affäre um Schillers Schädel? Das ist nur eine Facette im Roman "Caroline und der 53. Gast", geschrieben von Thomas Persdorf aus Mainz.

MAINZ. Im Jahr 1820 meldet die Berliner Zeitung empört: "Vergeblich sucht ein Reisender auf dem Weimarer Stadtkirchhof nach einem Denkmal oder Grabstein Schillers." In einem halb verfallenen Totenhaus wesen die Überbleibsel des großen Dichters dahin. Sechs Jahre später wird sich Bürgermeister Schwabe dort durch einen Haufen Knochen arbeiten - auf der Suche nach Schillers Schädel. Endlich soll ein angemessenes Grabmal entstehen. Doch dafür müssen die sterblichen Überreste her ...

"Ich war erschrocken, als ich das erste Mal erfahren habe, wie man mit Schiller umging nach seinem Tod", erzählt Thomas Persdorf. An diesem Wintermorgen hat er zum Frühstück in sein Haus am Drususwall eingeladen. "Ich war erstaunt über diese Gefühllosigkeit." Aber inspiriert war der Wahl - Mainzer auch. Die Affäre um Schillers Schädel wurde zum Kern seines Romans "Caroline und der 53. Gast".

Doch zuerst geht es in die DDR des Jahres 1980: Die junge Leipziger Lehrerin Caroline von Löschwitz nimmt an der Feier zu Schillers 175. Todestag teil. Nach einigen merkwürdigen Begebenheiten bricht sie zusammen und verfällt in ein mehrtägiges Koma. Wieder erwacht, hält sie sich für Schillers Tochter. Zwar erholt sie sich bald von diesem Wahn, doch damit sie vollends ins Leben zurückfindet, empfiehlt ihr der behandelnde Psychiater, sich die Schiller - Besessenheit buchstäblich von der Seele zu schreiben. So entsteht die Abhandlung über den Umgang mit der Dichterleiche. Löschwitz beleuchtet die widerstreitenden Analysen zur Echtheit des Schiller - Schädels und entwickelt die Theorie, dass Goethe in diesem absurden Drama eine nicht gerade rühmliche Rolle spielte.

An sich hat Persdorf zwei ineinander verschränkte Romane geschrieben: Hier die Lehrerin in der DDR der Vorwendezeit, dort die Schädelaffäre, die sich durch die Jahrhunderte zieht. Beides verschränkt er raffiniert über eine Liebesgeschichte. Eine Schublade ist nur schwer zu finden für dieses Buch. Detektivisches wechselt mit Charakterstudien oder Grausigem, und das alles garniert der Autor mit staubtrockenem Humor - besonders, wenn es um Formen der Liebe geht: "(...) nach ihrer Meinung war Werner alles andere als ein Reißer. Er war der ideale Freund, zuverlässig und treu und vor allem: Er betete sie an. Wenn es ihr kalt war, begann er zu frieren, und er gähnte für sie, wenn sie müde wurde."

"Ich denke, dass mein Buch schon ein gewisses literarisches Niveau hat", meint Persdorf selbstbewusst, während er ein Paarweck aufschneidet. Die Wintersonne scheint auf edle alte Möbel, an der Wand hängen historische Ansichten von Mainz.

Ein Stockwerk tiefer betrieb der 68 - Jährige ein ganzes Berufsleben lang seine Tierklinik. Sein erstes Buch veröffentlichte er vor gerade mal zwei Jahren: "Der Orpheusspötter", eine Erzählung. Persdorf stammt aus Leipzig, mit 18 Jahren flüchtete er nach Berlin. Er studierte Tiermedizin in Gießen und Wien, bevor er 1970 seine Mainzer Praxis eröffnete.

"Lyrik habe ich schon immer geschrieben, aber so was verkauft sich ja nicht", meint er. Mit der ersten Erzählung platzte ein Knoten. Nun arbeitet er schon am nächsten Roman: "Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der 1914 das Attentat in Sarajewo miterlebt." Persdorf möchte vor allem von der Zeit zwischen den Weltkriegen erzählen. "Diese Epoche wird oft vergessen, dabei ist sie hochinteressant."

Nun aber liegt erst mal sein großer Schiller - Roman zur Lektüre bereit. Es wurde kein Buch aus einem Guss, sondern ein vielfarbiges Werk. Zwar ist es nicht ganz ohne Schwächen, besonders wenn Persdorf in Liebesdingen allzu ernst wird. Doch dafür entschädigen die großartig recherchierte Schädelaffäre und die Geschichte um eine starke Frau in der DDR. Persdorf hat einen Roman zum Schmökern geschrieben, aber auch ein Werk, das zum Gespräch anregt - wie an diesem Wintermorgen in seinem Haus am Drususwall bei Mainzer Paarweck und einem guten Kaffee.    Gerd Blase

 Thomas Persdorf: "Caroline und der 53. Gast", Engelsdorfer Verlag, 458 S., 12,90 Euro.

 

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